Energie in der Europäischen Union: Krisenreaktionen: Von kurzfristigen Marktinterventionen zur strukturellen Marktdesignreform

Als Reaktion auf die hohen Energiepreise kam es seit Herbst 2021 in der Europäischen Union (EU) zu zahlreichen politischen Reaktionen und Eingriffen in die Energiemärkte. Zunächst einigte sich die EU-Kommission mit den EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der sog. Energie- Toolbox auf Kompensationsmaßnahmen, wie z. B. Steuererlässe und Direktzahlungen an Konsumenten, die die Energiemärkte nicht verzerren. Getrieben durch die Preisentwicklung infolge des Russland-Ukraine-Konflikts hielt die politische Debatte über die Funktionsweise der Energiemärkte und weitere Markteingriffe das gesamte Jahr 2022 über an.

Maßnahmen zur Energiesicherheit, Eindämmung von Energiepreisen sowie zur Abschöpfung und Umverteilung

Mit dem sog. REPowerEU-Plan wurden im Frühjahr 2022 Schritte eingeleitet, um die Energieversorgungssicherheit der EU zu gewährleisten und die Energieimportabhängigkeit von Russland schnellstmöglich zu beenden. Dazu wurde vereinbart, Maßnahmen zur Diversifizierung der Energieversorgung, zur Senkung des Energieverbrauchs und zum beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien (EE) zu treffen.

Einigen EU-Ländern gingen diese Maßnahmen nicht weit genug. Im Zuge der Debatte über den Einfluss eines hohen Gaspreises auf die Strompreise stellten einzelne Akteure, wie Spanien, Portugal und Griechenland, immer wieder das Marktdesign und die Preisbildung an den Energiemärkten grundsätzlich in Frage und legten eigene Vorschläge für Markteingriffe vor.

Nachdem einzelne EU-Länder bereits nationale Maßnahmen ergriffen und die Energiepreise Ende August neue Rekordhöhen erreicht hatten, kam es auch auf EU-Ebene zu politischen Beschlüssen bezüglich Erlösobergrenzen, der Abschöpfung von Zufallsgewinnen und der Verwendung dieser Einnahmen zur staatlichen Subventionierung von Energieverbraucherpreisen.

Den Abschluss der Markteingriffe im Jahr 2022 bildete der am 19. Dezember von den EU-Mitgliedstaaten vereinbarte Preisdeckel für den Großhandelsmarkt für Erdgas. Der sog. Marktkorrekturmechanismus ist befristet auf ein Jahr und greift nur unter bestimmten Bedingungen.

Strukturelle Reform des Strommarktdesigns

Unter dem Eindruck der Energiekrise entwickelte sich auch eine Debatte über strukturelle Reformen des Strommarktdesigns. Als vorläufiges Ergebnis hat die EU-Kommission einen entsprechenden Vorschlag für ein Reformpaket vorgelegt. Ziele der Reform sind, den EU-Strommarkt so weiterzuentwickeln, dass ein beschleunigter EE-Ausbau, eine verringerte Abhängigkeit von Gas, ein besserer Schutz von Verbrauchern vor Preisschwankungen und Preisspitzen und eine bessere Wettbewerbsfähigkeit der EU-Industrie erreicht werden. Zentrale Elemente des Marktdesigns, wie die grenzkostenbasierte Preisbildung (Merit Order-Prinzip), sollen dabei beibehalten werden. Stattdessen soll das Marktdesign punktuell weiterentwickelt und ergänzt werden, um den Strommarkt robuster und effizienter zu machen.

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