Energie in der Welt: Der weltweite LNG-Markt: Möglichkeiten und Grenzen

Die Kürzung der russischen Erdgaslieferungen in die Europäische Union (EU) und das Bestreben, möglichst bald von russischen Energielieferungen unabhängig zu werden, haben im Jahr 2022 das verflüssigte Erdgas (Liquefied Natural Gas, LNG) als schnell verfügbare Alternative ins öffentliche Interesse gerückt. Die EU erhöhte in der Folge ihre LNG-Importe um 60 Mrd. m3.

LNG ermöglicht den Transport von Erdgas mit Schiffen über sehr große Entfernungen und sogar über Ozeangrenzen hinweg. Die Verflüssigung ist technisch anspruchsvoll und aufwendig, da eine Kühlung auf unter -160 °C erforderlich ist. Daher lohnt sich der Transport von Erdgas als LNG nur über große Distanzen. Auf kürzeren Entfernungen ist in der Regel der Pipeline-Transport die günstigere und energetisch effizientere Option. Darin liegt auch der Grund, warum beim Aufbau der europäischen Gaswirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunächst fast ausschließlich auf ein Fernleitungsnetz gesetzt wurde. Jedoch gehen nun die in der Nähe der Verbrauchszentren gelegenen Vorkommen gerade in Europa zur Neige und Lieferungen aus Norwegen, Nordafrika und Aserbaidschan sind eng begrenzt.  

Entwicklung des weltweiten LNG- und interregionalen Erdgashandels

Der interregionale LNG-Handel wuchs von 2011 bis 2021 um 57 % auf 516 Mrd. m3/a und übertraf im Jahr 2020 erstmals den Pipeline-Handel. Im Jahr 2021 wurden 372 Mrd. m3 von Ländern im Asien-Pazifik-Raum importiert, während Europa lediglich 108 Mrd. m3 importierte. Die größten LNG-Importeure im Jahr 2021 waren China und Japan sowie Südkorea und Taiwan. Auf der Exportseite kamen 2021 die großen drei Produzenten USA, Katar und Australien zusammen auf 60 % des Marktes.

Die Attraktivität Asiens für LNG-Verkäufer weltweit lässt sich u. a. aus den folgenden Faktoren ableiten:

1) Aufgrund der geografischen Lage gibt es für mehrere Staaten keine Möglichkeiten zum Pipeline-Import, sodass diese bereits seit einiger Zeit in großem Umfang LNG importieren.

2) Der Import wird auch über das Jahr 2050 hinaus bestehen, wohingegen europäische Länder bis 2045 oder 2050 planen, aus dem Erdgasverbrauch auszusteigen.

3) Durch das Fehlen von inländischen Gashandelsmärkten und regulierten Netzzugängen können langfristige Lieferverträge flexibel gestaltet und mit einer Preisbindung an ausländische Handelsmärkte abgeschlossen werden.

Europas große Nachfrage nach LNG und die schwierige Lage im Verkäufermarkt

In einer schwierigen Lage befinden sich die Unternehmen und Länder Europas, deren Gaseinkauf bis vor kurzem einen hohen Anteil russischen Erdgases aufwies. Die nun entfallenen Mengen aus Russland mussten kurzfristig durch andere Lieferungen ersetzt werden. Dies führte 2022 zu einer stark erhöhten Nachfrage nach und einem reduzierten Angebot an Erdgas an den europäischen Handelsmärkten. Das Ergebnis war eine Preisexplosion auf Spitzenpreise von zeitweise mehr als 200 €/Megawattstunde (MWh) (im Vergleich zum Großhandelsmarkt-Preisniveau der Vorjahre eine Verzehnfachung).

Die weltweite Kapazität zur Regasifizierung und damit zum Import von LNG war Anfang 2022 mehr als doppelt so hoch wie die weltweite Kapazität zur Verflüssigung und damit zum Export von LNG. Dies führt dazu, dass die Verflüssigungskapazitäten im jährlichen Mittel in der Regel hoch ausgelastet sind (zu ca. 90 %), während die Regasifizierungskapazitäten im Durchschnitt Auslastungen von unter 50 % aufweisen. Eine erhebliche kurzfristige Erhöhung der LNG-Importe eines Landes oder einer Region geht zwangsläufig zulasten anderer Importländer bzw. -regionen.

Eine Ausweitung des LNG-Angebots ist nur durch zusätzliche Verflüssigungsterminals und eine entsprechende Ausweitung der Erdgasförderung möglich. Wegen der langen Planungs- und Bauzeiten von Verflüssigungsterminals gibt es hier eine Vorlaufzeit von mehreren Jahren, bevor neue Terminals gebaut sind und in Betrieb gehen können. Bei einer Betrachtung der großen drei Exporteure (USA, Katar und Australien) zeichnet sich ab, dass, außer bei den USA, eine Ausweitung der Exportkapazität erst für die Jahre ab 2025 zu erwarten ist. Der LNG-Markt wird daher zumindest bis 2025 angespannt und LNG ein knappes Gut bleiben.

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