01/07/2025: Deutsche Energiepolitik: Skepsis bei europäischen Nachbarn wächst

• Weltenergierat veröffentlicht Ergebnisse seiner jüngsten Umfrage zur Sicht auf die deutsche Energiewende. Antworten aus fast 50 Ländern weltweit. 
• Wahrnehmung der deutschen Energiewende in den europäischen Nachbarstaaten hat sich seit 2021 deutlich verschlechtert.
• Engere Abstimmung von deutscher Energiepolitik mit europäischen Partnern von den Befragten gefordert.

 
Das internationale Interesse an der deutschen Energiepolitik ist nach wie vor hoch, doch der Ton hat sich verändert. Das zeigt die aktuelle Befragung Perspectives on the German Energy Transition, die der Weltenergierat – Deutschland e. V. heute veröffentlicht hat. 75 % der Befragten geben an, die deutsche Energiewende entweder genau zu verfolgen oder mit dem Konzept vertraut zu sein. Das ist ein Anstieg um vier Prozentpunkte seit der letzten Umfrage im Jahr 2021, besonders der Anteil derjenigen, die sich als sehr gut informiert einschätzen, ist um sechs Prozentpunkte gestiegen. 
 
Dennoch hat sich insbesondere in den europäischen Nachbarstaaten die Wahrnehmung Deutschlands im Kontext der Energiewende in den vergangenen vier Jahren deutlich verschlechtert: Fast die Hälfte der befragten europäischen Expertinnen und Experten äußert sich kritisch. Auch außerhalb Europas überwiegt mit 38 % eine leicht skeptische Haltung.
 
Rund zwei Drittel der Befragten bezweifeln eine Zielerreichung der Klimaziele für 2030 und 2045. Insbesondere die Balance zwischen Klimaschutz und wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit wird für Deutschland zunehmend kritisch gesehen. Viele Experten sehen die negative wirtschaftliche Entwicklung als größte Bedrohung für die Erreichung der Klimaziele bis 2045. „Je besser es uns gelingt, die Energiewende mit wirtschaftlichem Erfolg zusammenzubringen, desto stärker werden wir als Vorbild im Ausland wahrgenommen“, sagt Dr. Carsten Rolle, Geschäftsführer des Weltenergierat – Deutschland. 
 
Mit wachsenden geopolitischen Herausforderungen ist in der EU die Sorge um die Energiesicherheit (43 % der Befragten) zum wichtigsten Treiber der Energiewende aufgestiegen. 35 % der Befragten nannten Klimaschutz als Hauptmotivation. Außerhalb Europas werden hingegen der Klimaschutz, Wirtschaftswachstum und Energiesicherheit balanciert als die drei wichtigsten Beweggründe für die Transformation der Energiesysteme genannt. 
 
Gerade diese geopolitischen Herausforderungen und Unsicherheiten über handelspolitische Beschränkungen machen aus Sicht der Befragten eine engere internationale Zusammenarbeit erforderlich: Zwei Drittel der europäischen Befragten bemängeln eine unzureichende Koordination Deutschlands mit seinen EU-Nachbarn. Zwischenstaatliche Kooperation wird als entscheidend für die globale Energiewende angesehen. Dabei schätzen auch Nicht-EU-Länder Partnerschaften mit Deutschland als wichtig für die Umsetzung ihrer Klimapolitik ein. 
 
Mehr als 80 % der Befragten sind der Ansicht, dass die deutsche Energiepolitik – zumindest in Teilen – als Referenz für andere Länder dienen kann. Außerhalb Europas liegt dieser Wert bei über 90 %. Besonders das Ende der Kohleverstromung sowie Maßnahmen zur Flexibilisierung der Industrie gelten unter den EU-Staaten als besonders relevant. In Nicht-EU-Ländern werden zusätzlich die CO₂-Bepreisung und die Flexibilisierung im Haushaltsbereich als gutes Beispiel genannt. Dabei wird unter Flexibilisierung die zeitliche Anpassung des Energieverbrauchs in Industrie und Haushalten an das schwankende Angebot erneuerbarer Energien verstanden.
 
Die Ergebnisse basieren auf Rückmeldungen aus fast 50 Ländern weltweit. Seit 2011 befragt der Weltenergierat sein globales Netzwerk regelmäßig zur deutschen Energiepolitik und Energiewende. Die umfassenden Ergebnisse der Umfrage Perspectives on the German Energy Transition finden Sie hier.
 
 
Über den Weltenergierat – Deutschland e.V.:
Der Weltenergierat – Deutschland repräsentiert durch seine Mitglieder alle Energieträger und Technologien. Er ist die unabhängige Stimme für internationale Energiefragen in Deutschland. Sein Ziel ist es, die globale Perspektive in die nationale Debatte einzubringen und das Energiesystem der Zukunft zu gestalten. Als Teil des World Energy Council vertritt der Weltenergierat das deutsche Energiesystem im größten internationalen Netzwerk der Energiewirtschaft. Seit 100 Jahren setzt er sich weltweit für eine nachhaltige Energieversorgung zum Wohl aller Menschen ein.